So,
noch was in uneigener Sache, da ich glaube, dass es vielleicht den ein oder anderen Interessenten findet (und alle, die es total bekloppt finden - haltet das bitte mal hinterm Berg!) -
13:00Uhr startet das RATA - Race across the Alps mit dem Robert928 am Start. Auf der Elbspitzhomepage findet sich eine Linksammlung, wie man das Rennen verfolgen kann.
Guckst du hier.
Ich freue mich auf die Beiträge der Begleiter, da erfährt man meist ein bisschen Renndramatik, was einem so ein wandernder Punkt beim Liveträgging meist nicht so rüber bringt.
Die Fahrt dauert ca. 24std - vielleicht auch nur 21 - oder gar 27 - man hat also durchaus Zeit mal rein zu schauen.
Nu denn, das war´s auch schon wieder.
le knusper
Hexe
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Meinerseits kann ich nur sagen, dass ich ganz meinen Erwartungen entsprechend überhaupt keine Chance hatte, mich von diesem Trägging-Pünktchen auf der flimmernden Kiste ab zu wenden. Die Informationen und Berichte auf der Hauptseite der Organisatoren waren dafür leider nicht maßgebend zuständig. Das war mehr als dürftig - ehrlich gesagt gab es nur 2 kurze Infos, und das waren nur Aktualisierungen über ausgestiegene Fahrer, und auch da wurde mittendrin aufgehört.
Zum Glück gibt´s die Trüffel im Begleitwagen, die das Schwein vor sich her gejagt haben und dementsprechend genaueres über Zustand des edlen Recken verkünden konnten.
Ganz besonderer Moment war hier, als man nach der 2. Aprica-Überfahrt hin zum Bernina den Eindruck erlangte, dass sein Vorsprung (er war ja schon seit dem Gavia ganz vorn...) etwas zusammenschrumpft. Als dann tatsächlich von Thomas der Hinweis kam, Robert quält sich, war das schon ein echter Spannungsbogen. Die Nacht begann gerade und wenn man schon mal über Nacht gefahren ist, weiß man, dass vor allem die 2. Hälfte meist ziemlich hart werden kann. Es sehnt sich der Sonnenaufgang immer mehr herbei. Wenn´s aber schon zu Beginn der Nacht nicht mehr rund läuft, kann viel schief laufen. Aber als hätte er die Sorgenfalten der stummen (na ja, oder aber tippenden) Zuschauer bemerkt, ging´s ab Hälfte Bernina wieder zügiger voran. Das war für mich so ein bisschen der Kulminationspunkt des Skripts. Ab hier war ich mir recht sicher, dass er das Ding nach Hause fährt, sollte er gegen Ende der Nacht noch vorn hängen. Mein Geist gönnte mir nur ein paar wenige Stunden Schlaf, dann musste ich wieder nachschauen wie es aussieht und konnte beruhigt werden - sein blauer Punkt war noch immer auf Kurs und die Forumsberichte zeugten von ungebremstem Optimismus. Die 21h konnte er zwar wohl kaum noch genau treffen, dafür zeigte sich Kontrolle, als er sogar ein paar Minuten mal vom Rad stieg um auszuruhen. Mancheiner hätte sich vermutlich lieber eingeredet das durchziehen zu müssen, ohne Nachsicht für den Körper. Als ich gegen 9:45 auf Arbeit musste war Robert keine 20km mehr vom Ziel entfernt. Auf Arbeit musste ich immer wieder reinschauen und bleibe bis jetzt gespannt über weitere Worte und Berichte. Der Meister Petz fuhr das Ding souverän nach Hause und legte damit erstmal sein Glanzstück ab.
Also alles in allem - sau geile Sache und es per Ferndiagnose miterleben zu können kann manchmal viel aufreibender sein, als es erscheinen mag.
So, mein Geblubber hat ein Ende.
le knusper
Hexe
Na da bin ich ja mal gespannt, was du Lesenswertes zu berichten hast und vor allem, ob RockyFranco dann wieder mit einfühlsamer Sympathie punkten kann. :P
Ein kleiner Vorgeschmack. Pure Leidenschaft. Prato bei km 485 etwa :-)
@Knuspermann: angebissen einen Narren an mir gefressen ? Junge! DU brauchst Futter ? Wer 9:45 auf "Arbeit" muss, geht nicht "arbeiten". Punkt!
Ich bin zurück in Freiberg. Kein Alpenpass weit und breit. Nein, nur Berthelsdorf im Erzgebirge. Ganze 90 Hm am Stück, aber genau das richtige für den Kopf. Es ist ein noch immer anhaltender Traum, während ich hier diese Zeilen tippe und mir zwischendurch immer wieder die Bilder, Videos und Kommentare im Internet anschaue, um zu realisieren, ob das ganze wirklich geschehen ist und vorallem was da geschah.
Fangen wir am besten ganz vorn an. Nein, nicht im Jahre 2009 als ich mein erstes Rennrad kaufte, sondern vor gut einem Jahr, als die Entscheidung in mir reifte, das RATA in Angriff zu nehmen. Das war wohl im April oder Mai 2014 gewesen. Im Juni waren wir mit den Elbspitzjungs im Radurlaub in Eppan. Auf der Rückfahrt nahmen wir noch den Dreiländergiro in Nauders mit. Auf der Autofahrt dorthin überholten wir vormittags am Reschenpass den Sieger Daniel Rubisoier, der gerade auf seinen letzten Kilometern war. Gänsehautmomente. Weniger wegen dem großen Trubel bei der Zieleinfahrt und Siegerehrung, als vielmehr weil da einer fast 24 Stunden mit purer Leidenschaft durch die Alpen fährt und seine persönliche Geschichte schreibt, von der doch die meisten gar nicht wissen, dass es sie überhaupt gibt.
Am darauf folgenden Tag stand ich beim Dreiländergiro am Start. Der erste Radmarathon mit einem stark besetzten Feld. Ich konnte Platz 9 erreichen, obwohl ich gesundheitlich angeschlagen war und das ganze eher spaßig als höchst ambitioniert angegangen war. Aber ich wusste fortan, wo ich ungefähr stehe und was ich kann. Das ich auch Ultralangstrecke kann, war aber noch nicht ganz klar. Zwar bin ich bereits dreimal die Elbspitze gefahren, immerhin geht es da über 640 bis 750 km und 10000 bis 11000 Hm in vergleichbaren Größenbereichen zu, aber die Fahrweise ist doch anders. Mehr Gruppenfahrt, feste Pausenzeiten und dafür ein Dutzend scharf gefahrene Bergwertungen zwischen dem Erzgebirge und den schwersten Alpenpässen.
Im Winter begannen die konkreten Vorbereitungen für das RATA 2015. Eine Marschtabelle war schnell erstellt. Als Watt und Zahlenjunkie war dann auch schnell eine 22 Stunden Zeit für das RATA berechnet. 185 Watt im Schnitt klangen irgendwie machbar, die Zeit dafür aber ambitioniert. Die äußeren Bedingungen und mögliche Zwischenfälle natürlich alles schwer berechenbar. Zudem die Finisherquote ähnlich schlecht wie bei der Elbspitze. Von daher wussten nur wenige Personen von dem 22 Stunden Ziel. Ich wollte mir nicht unnötig Druck machen und auch schien es als Neuling ein wenig verwegen von solchen Zielen zu sprechen, wo doch auch immer genug erfahrene Sportler das Ziel beim RATA nicht sehen. Das Training begann im Winter. Rennrad, solange kein Schnee liegt und die Straßen frei sind. Sonst Rolle, Laufen, Schwimmen und ein bisschen Skilanglauf. Aber alles dosiert und im rechten Maß. Leichte Erkältungen gab es nur im Winter, ansonsten funktionierte der Körper wie ein Uhrwerk.
Ab März spulte ich pro Monat um die 2000 km ab. Die Form entwickelte sich prächtig und nach der ersten Standortbestimmung beim Bergzeitfahren in Krupka war klar, dass ich nun im 7. Rennradjahr noch immer schneller wurde. Da standen 346 Watt über gut 18 Minuten auf dem Garmin. Klingt nicht viel, aber bei 61 kg schon ein ziemlich guter Wert als „Hobbylusche“, auch wenn das nicht mal zum Sieg reichte.
Die Intervalle an der Schwelle wurden nun länger, VO2max-Einheiten wurden als intensivste Intervallform eingestreut, gleichzeitig die Umfänge noch ein bisschen gesteigert und am Ende nochmal bewusst Tempoeinheiten gefahren. Alles für einen geringen Leistungsabfall und einen großen aeroben Motor. 8 Einheiten um oder über 200 km standen letztendlich diesjahr zur Buche. Die längste davon gut 350 km lang. Auf diesen Strecken testete ich immer wieder die Ernährung. Flüssig, einfach und bezahlbar für einen Studenten musste es sein. Ich schaute, was die Sportgetränkehersteller so in ihren Langstreckenpulvern zusammen mixten. Stärke, Maltodextrin, Fructose, Glucose und noch ein paar Zusätze, wo es mir dann zu kompliziert wurde. Also testete ich mit handelsüblicher Speisestärke, Maltodextrin 19, Fructose, Salz und verschiedenen Säften die Mischungsverhältnisse durch. Das war unkonventionell, klappte aber prima und ich hatte schnell eine gute Mischung gefunden. Ich möchte daraus auch gar kein großes Geheimnis machen. 35 g Stärke, 35 g Maltodextrin, 20 g Fructose, dazu jeweils 5 g Fructose und Glucose aus Ananas- oder Orangendirektsaft sollten den Dieselantrieb auf Langstrecke stündlich befeuern.
Richtung Gavia konnten wir eine 4er Gruppe formieren. Die Stimmung war bestens. Ich nuckelte derweil fleißig an meiner dritten Flasche mit der Kohlenhydratplempe, die mir Alex in der Schweinekarre immer per Messbecher und Schneebesen zusammen mischte und Jens fleißig Protokoll führte, dass ich ja nicht zu wenig von dem „leckeren“ Gebräu aufnahm. 230 Watt und 89 Minuten war der Plan für den Gaviaaufstieg. Mit 236 Watt kurbelte ich zum Gipfel und konnte mich abermals in Flachstücken von der Gruppe lösen und erreichte nach 84 Minuten den Gipfel. „Boah, läuft das prächtig hier“, dachte ich mir. Keine Spur von den Strapazen eines Ultrawettkampfes. Eher Spaß, Lockerheit, ein traumhaftes Bergpanorama und Unterhaltung vom Liveticker aus dem Elbspitzforum. Schon sehr genussvoll das ganze. Die Abfahrt mit ihren schlecht einsehbaren Kurven eher weniger. Aber auch das war schnell gemeistert und Richtung Ponte di Legno schloss die Schweinekarre wieder auf. Nun sollte eigentlich ein Bergabstück bis Edolo folgen. Der Wind stand aber ungünstig und ich war mir sehr unsicher was ich machen sollte. Warten auf eine Gruppe oder alleine etwas härter in de Pedale drücken. Ich wählte letztere Variante, sie bot sich eben einfach an. Flach auf dem Lenker liegend versuchte ich effizient zu fahren. Erste Infos vom Tracking sickerten durch. Meiner schien, aus welchen Gründen auch immer, nicht zu funktionieren. Hinter mir Roman und Jürgen. Abstände aber noch nicht groß, tönte es über Funk. Wichtiger war mir aber zu hören, dass es keine Gruppe hinter mir gibt und scheinbar alle allein unterwegs sind. Ich zweifelte. Gab mir Thomas hier bewusst eine Falschinformation, um mich zu stärken oder war es wirklich so? Zeit zum Nachdenken war reichlich vorhanden. Aprica rollte gut. 40 min. „Yes, wieder 3 Minuten schneller als der Plan“. Einige Fans am Streckenrand sorgten für gute Stimmung.
Hoffentlich keine Zeitstrafe, aber ich vertraute darauf, dass wir uns in allen Belangen an die Regeln gehalten hatten. Als die Schweinekarre im Bernina wieder auf schloss, bekam ich die Mitteilung, dass nur mein Tracking-Smartphone unbedingt geladen werden müsse. Ich hatte aber keinen Nerv anzuhalten und fuhr weiter, wurde aber immer langsamer und kämpfte. Die erste Schwächephase. Ich teilte Thomas mit, das es gerade nicht laufen würde und keine Leistung mehr kommt. Tja, machen konnte auch er nichts dagegen. Ich solle mehr von meine Kohlenhydrat-Plempe trinken und das Flachstück am Stausee komme auch bald. Ersteres war einfach gesagt, aber nur mehr schwer umzusetzen nach fast 11 Stunden immer der gleiche Plörre mit Ananasgeschmack. Bernina, also der Scharfrichter. Etwa auch für mich? Natürlich kamen Gedanken an das Aufgeben. Selbst, wenn der Kopf im Moment sehr schwach war, bin ich vom Kopf her so eingestellt, dass ich nicht wirklich aufgeben kann, solang es keine triftigen Gründe gibt. Außerdem, lag ich in Führung. Was sollen da die anderen sagen, denen geht es wahrscheinlich ähnlich dreckig. Jürgen Pansy musste vermutlich schon aufgeben, bekam ich mitgeteilt. Mittlerweile war wohl Walter „Sägewerk“ Sageder mein engster Verfolger. Der Abstand schrumpfte. Aber es kam auch bei mir nach Ende vom Flachstück wieder etwas mehr Druck am Pedal an. Nun bekam ich die Anweisung unbedingt mein Tracking-Smartphone abgeben zu müssen. Ich versuchte in die Trikottasche zu greifen, zog dabei aber das Funkgerät heraus und es fiel auf die Straße. Alex sprang geistesgegenwärtig aus dem Auto, hob das Funkgerät wieder auf, rannte neben mir her. Verknüpfte Headset und Handgerät wieder miteinander und konnte auch das Tracking-Smartphone ergreifen. Was für ein aufopferungsvoller Einsatz vom Team für mich, das wurde mir hier abermals bewusst. Bereits am Gavia, sprang Alex aus dem Auto, als mit die Kette runter gefallen war. So konnte ich mich stets auf das wesentliche konzentrieren. Treten, Treten, Treten. Ich hatte das Gefühl je höher ich kam, desto einfacher wurde es für mich im Vergleich zu meine Mitstreitern. Die Höhe scheint mir besser zu liegen. Der Kopf war wieder eingestellt. Purer Fokus. „Nein, ich fahre hier nicht auf 22 Stunden, sondern um den Sieg“, wurde mir immer mehr bewusst.
Von Nachtfahrten halte ich ja eigentlich nicht so viel, aber wann hat man in den Alpen schonmal die Gelegenheit so ganz ohne Verkehr auf die Pässe zu fahren? Der Mond schien etwas, wodurch sich leicht die Umrandung der umgebenden Bergmassive abzeichnete. Höchst eindrucksvoll war das, obwohl praktisch keinerlei visuelle Eindrücke von der Landschaft am Bernina hinterbleiben. Abgefahren.
La Punt, Albula von der leichten Seite. Keine Hürde. Das Bergfest sollte auch schon geschafft sein. Ab jetzt wurden die Stunden nicht mehr vorwärts gezählt, sondern der Countdown zählte bis bis ins Ziel zurück. Zurück ging auch die Temperatur. 3 Grad auf dem Albula. Zeit für ein Kopftuch. Ich lag immer noch vor meinem Zeitplan und wähnte mich in sicherem Vorsprung. Die Abfahrt sollte das Blatt aber wenden. Der Puls sackte ab, der Kreislauf fuhr herunter. Mit zwei Stück Schokakola und etwas Cola kamen die ersten die ersten koffeinhaltigen Nahrungsmittel zum Einsatz, auch wenn ich lieber komplett auf solche Mittelchen verzichtet hätte. Trotzdem, die Müdigkeit machte sich breit. Nicht ungefährlich in so einer Abfahrt, wo es links auch mal locker 100 m senkrecht über Straßenbegrenzung bergab gehen kann. Tiefpunkt Nummer zwei also im RATA für mich. Furchtbar war der Gedanke an den Zieher nach Davos. Ich wollte nur noch schlafen. Die ersten Höhenmeter nach Davos nahm ich noch in Angriff. Ich haderte. Eigentlich ging es mir besser, aber ich war bequem und hielt bei der nächstbesten Straßeneinbuchtung an. Ab ins Auto, wo es natürlich nicht besser wird. Aber man genehmigte mir einen 5 minütigen Powernap. Das heißt bei mir soviel, wie Augen zu und nicht schlafen können. Totenstille bei meinen Betreuern. Ich hätte da auf's jämmerliche versacken können, Momente der Unfokusiertheit. Doch mein Team war gnadenlos. „Noch 2 Minuten“. „So 5 Minuten sind um“.„Robert, du musst wieder auf den Bock!“ und als dann von hinten Sageder und Hermann heran kamen, war mir auch klar, dass ich nun wieder weiter musste. Weiter, es half nichts. Ich quatschte mit den beiden etwas, sie waren bestens gelaunt und munterten mich auf. Sie fragten, ob ich der Führende beim RATA sei und quaselten was von... „Wir wollen uns hier nur die ersten beim RATA anschauen, wir sind Freunde von Roman Herman“.
Ich musste überlegen „Du bis doch aber Roman, oder nicht?“
„Nein, ich bin ein Freund von Roman und bin früher mal Rennen gefahren“.
„Also du bist nicht Roman? Aber du siehst doch aus wie Roman und hast die gleiche Hose an!?“
„Nein, wirklich nicht. Wir machen hier nur eine Nachtfahrt“
Langsam realisierte ich, was Sache ist. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Als Roman's Kumpel mir dann noch sagte, dass ihnen mein Tempo nun zu schnell werde, baute mich das endgültig wieder auf. Ich habe keine Ahnung mehr, wie die beiden heißen. Falls sie diesen Bericht zu lesen bekommen, dann möchte ich Euch hiermit ein großes Dankeschön aussprechen. Ihr habt mich wieder auf Kurs gebracht. Richtung Davos war wieder Druck auf dem Pedal. 200 Watt etwa. Thomas berichtete über Funk von engen Abständen hinter mir und ich solle weiter Druck machen. „Mache ich!“. Die Strecke nach Davos, ebenso wie die Auffahrt zum Flüela verliefen sehr kurzweilig. Langsam wurde es hell. Ich konnte mich umdrehen, hinab blicken auf die letzten Kehren und niemand war zu sehen. Die Abfahrt nach Zernez war endlich mal genau nach meinem Geschmack. Rollte prima und war einfach zu fahren. Mit Cola im Tank war die Müdigkeit nun auch kein Problem mehr. Ich denke es half schon, das ganze Jahr auf koffeinhaltige Produkte wie Kaffee und Cola weitestgehend zu verzichten, um auf möglichst geringe Mengen, wir sprechen hier von etwa 1,5 l Cola, die ich während des RATAs getrunken habe, sensitiv zu reagieren.
Umbrail unten rein ging kurzzeitig wieder nicht viel bei mir. Wie so oft, wurde es aber im Laufe des Anstiegs immer besser und ich konnte mich auf 190 Watt einpendeln. Die Passhöhe vom Stelvio geriet allmählich in mein Blickfeld. „Wenn ich da oben bin, habe ich es fast geschafft“. Mir wurde von steigenden Vorsprüngen erzählt. Den Umbrail erklomm ich also mit etwa 900 Hm/h. Die Fahrzeit war mittlerweile relativ lang. Dadurch nimmt man Abschnittszeiten, zum Beispiel für 1100 Hm am Umbrail, relativ gesehen, als sehr schnell vergänglich war. Eine Metapher auf das Leben, das ja auch mit jedem Lebensjahr schneller zu rasen scheint. Ja, Zeit zum Nachdenken hat man beim RATA genügend, aber mehr als oberflächliche Gedanken lässt der Sauerstoffmangel und Brei im Kopf dann doch nicht zu.
Auf dem Stelvio ereilte mich das Gefühl, was mir vor einen Jahr Gänsehaut bescherte. Die Geschichte von dem Radfahrer, der 13000 Hm durch die Alpen radelt und kaum einer weiß davon. Da steht man auf dem Stelvio und außer Rennleitung und meine Betreuer weiß eigentlich niemand auf dem Stelvio Bescheid, was hier gerade Sache ist. Das Gefühl unbemerkt, aber vor den Augen von den anderen was besonderes zu leisten, taugt mir sehr in dieser Welt, wo Schein oft mehr wert ist als Sein.
Ich zog nun das rosa Gilet aus. Trank viel Cola, meine Kohlendydtratplempe und begab mich in die Abfahrt mit den 48 Kehren. Bei Kehre 28 merkte ich erstmals die in mir aufkommende Übelkeit. Mit jeder Kehre wurde es schlimmer. Ich bin im wahrsten Sinne ein ganz übler Achterbahnfahrer.
Über Funk hörte ich etwas von der Erreichbarkeit des Streckenrekords. Ich wusste insgeheim darüber schon seit der Umbrailauffahrt Bescheid und rechnete schon einige Zeit im Kopf, aber in dem Moment war mir einfach nur noch kotzübel und ich wollte nichts davon über Funk wissen. Angekommen in Prad musste ich anhalten. Ich setzte mich ins Auto. Trank erneut viel Wasser und sah da in der Tasche vom Vordersitz noch ein Gel, was mich anlachte. Ich nuckelte kurz daran und schon konnte ich meinen Mageninhalt nicht mehr zurück halten. Mitten auf dem Marktplatz von Prato und vor den Augen von ein paar Café-Besuchern übergab ich mich dreimal. Zum Glück ernährte ich mich flüssig, da hielt sich die Sauerei in Grenzen „wink“-Emoticon Etwa 10 Minuten verlor ich dadurch, aber danach ging es mir besser. Hilde gab mir ein Stück vom Hefezopf. Das schmeckte nun sehr gut. Ich rechnete mir nunmehr wenige Chancen auf den Streckenrekord aus und Walter Sageder sollte wohl auch nicht mehr weit weg sein. Wieder auf den Bock gestiegen. Hauptsache vorwärts.
Ich möchte mich ganz besonders bei meinen Jungs bedanken. Ihr wart die geilste Crew, die ich mir vorstellen konnte. Jens, Hilde, ihr habt dafür eure Ambitionen beim Dreiländergiro am Sonntag fallen gelassen. Ich werde euch dafür immer dankbar sein. Hilde fast 22 Stunden am Steuer von seiner Schweinekarre. Eine unfassbare Ausdauer. Jens, die Mutti für alles. Alex sowieso der beste Techniker und aufopferungsvoller Kämpfer. Schön das du dir diese Art bewahrt hast, auch wenn es nun nicht mehr auf dem Bock zur Sache geht. Der Bock. Das Addict mit den Lightweights. Was für ein dekadentens Ersatzrad, es musste nicht zum Einsatz kommen. Trotzdem danke, auch für die Mavic Windweste und Handschuhe.
Und dann ist da Thomas, der Chef und Antreiber. Vor drei Wochen noch mit Schlüsselbeinbruch und eigentlich selbst ein wahnsinnig schneller Radfahrer, der dieses Jahr beim DLG vielleicht unter die Top 5 hätte fahren können. Er hatte die Sache immer unter Kontrolle, initiierte die Beklebung der Schweinekarre, stellte mir Funkgeräte, sein edlen Rapha-Zwirn und die Lupine Piko zur Verfügung. Auch glaubte er stets an das ganze Große. Vor ein paar Monaten fachsimpelten wir noch über den Rennablauf. Damals sagte er, ich würde bestimmt schon am Gavia in Führung liegen. Ein Traum für mich, nicht mehr damals, der nun in Erfüllung ging, aber sich immer noch wie ein Traum anfühlt.
Wahnsinn, was mit sauberen Sport möglich ist, wenn man über Jahre zielstrebig seine Ziele verfolgt (übrigens: wir reden hier von Jahresumfängen zwischen 14 000 und 19 000 km). Ich sage das hier ganz bewusst, nicht um mich in den Vordergrund zu stellen oder zu profilieren, sondern weil Sport und explizit der Radsport doch sehr eng mit Betrug und Dopingmissbrauch in Verbindung stehen. Der Generalverdacht bei guten Leistungen hat sich in der Vergangenheit des öfteren bestätigt. Auch gibt es sicher noch einige, die meinen Doping gehöre zum Sport, wie die 48 Kehren zum Stilfser Joch. Von daher appelliere ich an jeden Radsportler sauber seine Leistung zu erbringen und dies auch offensiv zu verkünden, wenn dies der Fall ist, damit Betrüger im Radsport endlich kapieren was Sache ist. Dopingtests beim RATA hätten mich natürlich gefreut, aber ich kann die Organisatoren auch verstehen, da dies ein erheblicher finanzieller Aufwand ist. Ich würde allerdings sogar so weit gehen, das durch ein mehr an Startgeld und ein weniger an Preisgeld zu finanzieren. Vielleicht könnte man darüber mal Diskussion führen und wie die Bereitschaft der Teilnehmer dafür ist.
Das soll es erstmal gewesen sein. Mehr Bilder und ein Video werden sicher noch erscheinen.
Vor allem deinen Fontäneneinlage in Prad muss ein echter Hingucker gewesen sein. Und ich hatte mich am LiveTracker schon gewundert, warum dein Punkt zwei Mal an der Stelle verharrte. Da haben sich deine Schweinetreiber aber echt bedeckt gehalten im Forum.
Vielen Dank für diesen Bericht, bei welchem die eigenen Beine hin und wieder zucken, als hätten sie was zu tun.
Ich weiß noch immer recht genau, wie ich mich begonnen habe für Langstrecke zu interessieren - als ich das erste Mal von der Fichkona gelesen habe (da muss ich 16 gewesen sein oder so...). Danach hat es ca. 6-7 Jahre gedauert, bis ich Langstrecke wirklich in Angriff nahm. Hätte ich zu erst so einen Bericht hier gelesen, ich hätte vermutlich zwei Wege zur Auswahl gehabt : Sofort auf den Bock springen, oder ganz darauf verzichten.
Wäre schön, wenn das hier den ein oder anderen jungen Radfahrer zur 1. Option verleiten würde. (Auch ein Grund, warum ich gern selbst Berichte schreibe.
le knusper
Hexe
Doch das geht sicher. Gran Fondo New York macht es vor. Dort werden weltweit bei Jedermannmarathonveranstaltungen Doping-Kontrollen durchgeführt. Bezahlt übrigens aus der Privatkasse vom Veranstalter. Unterschreibt man halt als Teilnehmer einfach bei der Anmeldung, dass man bereit ist sich einer Kontrolle zu unterziehen.
Wir brauchen nicht über die Effektivität von Kontrollen reden. Aber sie sind Abschreckung, man kann sich zumindest nicht mehr die härtesten Mittel reinknallen und ab und zu geht halt doch einer hoch.
Falls du auf der Suche nach Rennen bist mit ordentlicher Topographie:
Ich denke, du könntest bei der Salzkammergut A-Strecke, 33 Hm/km (7000 Hm), ganz vorne mitfahren.
Oder, falls du lieber tags die Landschaft genießen willst und dich auch mal direkt mit Profis messen möchtest:
- Transalp: 31 Hm/km (19300 Hm)
- Yak Attack: 30 Hm/km (12000 Hm)
- Transandes: 29 Hm/km (11100 Hm)
Ist vielleicht eine gelungene Kombi aus erlebnisorientiertem (ziellosen) Umherfahren und Rennen.