Paris - Brest - Paris 2015
Zum ersten Mal von Paris – Brest – Paris erfahren hatte ich 2011. Ich hatte gerade angefangen mit Rennradfahren und bereitete mich mit einem Freund auf die Fichkona vor. Dieser erzählte mir dann von den Brevets, welche er gern als Vorbereitung fahren würde. So kam ich das erste Mal nach Bennewitz und bestritt dort einen 200er und einen 400er. 2011 war gerade PBP - Jahr und es ging hoch her deswegen. Für mich waren damals die 600km der Fichkona schon aufregend und Herausforderung genug. Die 1200km von Paris an die Atlantikküste und zurück konnte ich mir zu dieser Zeit unmöglich vorstellen. Wie kann man so lange im Sattel sitzen, wie ist das mit Essen und Trinken und dazu noch die Frage mit dem Schlafen - Fragen über Fragen ? Dennoch faszinierte mich diese Veranstaltung von der ersten Berührung an. Zuviel wurde mir über PBP während der Brevets erzählt. Die Erzählungen und Berichte die ich danach darüber las ließen mich nicht mehr los - ich war „angefixt“.
Da PBP nur alle vier Jahre stattfindet hatte ich genügend Zeit mich darauf vorzubereiten. Alles lief prima dieses Jahr, die Brevetserie wurde abgerissen und da ich letztes Jahr einen 1000km Brevet absolviert hatte konnte ich mich gleich am Anfang anmelden. Ich wollte unbedingt in Startblock A gleich am Anfang starten um so wenig wie möglich Zeit an den Kontrollen auf dem Hinweg zu verlieren. Auf Grund der Erfahrungen vom 1000er und auch des 600er von diesem Jahr machte ich mir einen Plan. Eigentlich war er ziemlich simpel. Einen 30er Schnitt hielt ich für möglich, dazu maximal 15 Minuten Standzeit an den Kontrollen und kein Schlaf. Macht alles zusammen 44 Stunden und 15 Minuten. Alles was besser wäre ist gut, alles unter 48 Stunden auch, sagte ich mir.
Hinzu kam natürlich noch die Frage was wird alles mitgenommen, was bleibt da. Da PBP rund 11000hm hat macht sich zusätzliches Gewicht auf die Dauer natürlich ordentlich bemerkbar. Die Wetteraussichten waren hervorragend. Kein Regen, 10 - 23°C, eine leichte Prise aus Nordost, Radlerherz was willst Du mehr ? So blieb die Regenjacke da, eigentlich wollte ich nicht mal die Windstopperjacke mitnehmen ( hätte ich es mal gemacht - sie wurde ungenutzt 1200km spazieren gefahren ) - das war mir dann aber doch zu heiß. Ersatzkleidung blieb auch da, einzig die Warnweste musste mit. So hatte ich ordentlich Platz in meiner Lenkertasche und auch in den drei Trikottaschen. Die Lenkertasche sollte dabei nur als Vorratsschrank für das Essen dienen. Mal abgesehen von der Luftpumpe, der Sitzcreme und vom Handy waren darin beim Start Isotonische Zusätze für die Flaschen, sämtliche Gels die sich im Laufe der Zeit bei mir angesammelt hatten, eine Tüte gesalzene Cashews und ein ganzes Baguette mit Nutella. Die beiden Akkus für Licht und den Garmin konnte ich am Vorbau befestigen, brauchten also keinen Platz in den Taschen. Da der Start um 16:00 Uhr war und es dann gleich in die Nacht ging zog ich die Warnweste vor dem Start gleich an, nur keine Zeit unterwegs vertrödeln war die Devise. Somit hatte ich in den Trikottaschen noch ein Fach lehr ( eins war ja mit der Jacke belegt und eines mit Stempelkarte und Geld ). In diese Tasche kam noch eine Flasche zu trinken. Da es nicht so warm war sollte es also bis zur ersten Kontrolle in Villaines la Juhel bei Kilometer 220 reichen. Den Verpflegungspunkt Mortagne bei 140km wollte ich komplett auslassen.
Kommentare
Mein Plan sah vor, dass ich in Brest 13:43 Uhr einrolle. Tatsächlich war es aber schon 11:34 Uhr. Über zwei Stunden Zeitvorsprung und ein 32er Schnitt standen zu Buche. Mein eigentliches Ziel von 44 Stunden konnte ich praktisch nicht mehr verfehlen, zu viel hätte schiefgehen müssen. In Brest an der Kontrolle dann wieder das übliche. Großes Erstaunen über einen Fahrer der keinen Support hat. Es war vorerst das letzte Mal das man noch nicht um diese Zeit auf hungrige Fahrer eingestellt war. Leider war die Verpflegungsstelle ewig weit weg, fluchend rannte ich über den riesigen Platz. Ab hier lief die Uhr gegen mich. Aber was sollte ich machen, ich brauchte was zu essen. Mehrere Schokoladencroissants, Bananen und zwei Cola nahm ich mit. Unter staunenden Augen verstaute ich alles am Fahrrad. Mit dabei das Fernsehen, was alles filmte. Die Leute ringsherum waren begeistert. In dem Augenblick als ich dann los wollte kam gerade das Feld angefahren. Es war das letzte Mal das ich es hier sehen sollte. Erst in Paris im Ziel sollte ich einige von Ihnen wieder sehen.
Fougeres war dann die erste Kontrolle wieder im Finsteren. Ab hier wurde es wieder deutlich ruhiger, aber nur was die entgegenkommenden Fahrer anging. Das Interesse an mir nahm deutlich zu und ich hatte das Gefühl als eilte mir der Ruf so langsam vor raus. Hier war auch die einzige Station wo ich mal ein belegtes Baguette kaufen konnte. Leider war ich so in Gedanken dass ich nur eins kaufte. So langsam konnte ich die Croissants und Bananen nicht mehr sehen. Das Ganze war aber auch deswegen etwas fatal, als sich herausstellte das am nächsten Kontrollpunkt sämtliches Essen ausverkauft war. Mit Mühe und Not reichte es aber dennoch. Ein paar Gels waren noch übrig, ein sehr trockenes Brötchen aus Brest und eine Cola. Mit der Müdigkeit hatte ich auch in der zweiten Nacht keine Probleme. Nicht ein einziges Mal hatte ich das Gefühl einen Sekundenschlaf zu haben oder unaufmerksam zu sein. Wie letztes Jahr beim 1000er Brevet Red Bull trinken ging hier nicht, da es keines unterwegs zu kaufen gab. Einzig ein paar Gels hatten etwas Koffein, welche ich mir extra für die zweite Nacht aufgehoben hatte. Ob diese es allerdings am Ende gebracht haben ? Ich werde es nie erfahren. Zur Vorsicht bin ich dennoch fast die ganze Nacht in der Mitte der Straße gefahren. Zum einen war dort der Belag meist nicht so rau und sollte ich doch mal unkonzentriert sein so ist es etwas weiter bis zum Straßengraben, dachte ich mir. Aber wahrscheinlich hatte ich ordentlich viel Adrenalin in mir, was mich wach und konzentriert hielt. Da nachts nur noch das Führungsfahrzeug in einiger Entfernung fuhr und kein Motorrad mehr da war, wusste ich leider nicht mehr wie viel Vorsprung ich hatte. Immer wieder drehte ich mich um, aber Lichter waren nirgends zu entdecken. Nur ab und an kam mal ein Auto vorbei, aber deren Lichter erkannte man schnell.
Mit brennenden Händen, Füßen und Hintern eierte ich mit dem Fahrrad danach zum Zeltplatz zurück. Für die 12km brauchte ich tatsächlich eine dreiviertel Stunde, so langsam war ich schon lange nicht mehr unterwegs. „Schnell“ noch duschen, etwas essen und in Ruhe alle eingegangenen Nachrichten im Handy lesen, so mein Plan. Daraus wurde im bequemen Campingstuhl leider nichts mehr. Nach 56 Stunden ohne Schlaf forderte den mein Körper unweigerlich ein. Ich schaffte es gerade noch so in meinen Schlafsack in dem ich glücklich und zufrieden einschlief.
Paris - Brest - Paris, es war eine fantastische Veranstaltung. Hervorragend organisiert. Es gab hier keine Nachlässigkeiten, einmal den falschen Eingang benutzt egal wo - sofort wurde man auf den richtigen Weg gewiesen, es passte einfach alles. Die Strecke, super ausgewiesen, permanent wellig - für mich ein Traum. Vielen herzlichen Dank dafür !!!
Da schon im Velodrom mehrfach die Frage aufkam, wie es jetzt weiter geht und wo man mich als nächstes sieht. Ja, es gibt ein Ziel. Das gab es schon vor PBP, nur war es bisher mehr ein Traum. So langsam denke ich aber, dass es für mich machbar ist, wenn es denn irgendwie zu finanzieren wäre:
Ich würde gern in 3 - 5 Jahren am Race across America (RAAM) teilnehmen. 4800km Einzelzeitfahren einmal quer durch die USA von West nach Ost. Als Vorbereitung bis dahin noch ein paar ähnliche Veranstaltungen in Europa mit bis zu 3000km Länge.
und danke für den tollen Bericht! Super, dass alles so gepasst hat :-)
ich bin in Gedanken PBP mitgefahren, wo es doch bei mir leider auch dieses jahr zeitlich nicht für die Qualis gereicht hat :-( [habe mich dafür mit Alpenpässen "getröstet"]
und irgendwie musste ich schmunzeln: erinnert mich sehr an: :-) herrliche Parallele :-)
Herzlichen Glückwunsch!
Auch wenn du die Kilometer in deinem Bericht erwähnst, hört es sich so an, als sei es das normalste der Welt, mal eben zwischen zwei Pausen ein paar hundert Kilometer durch die Nacht zu reiten, was selbst für fitte Radsportler eine ernstzunehmende Tagestour wäre.
Allein, dass du schon am Start die Warnweste überziehst, um sechs Stunden später die 10 Sekunden zu sparen, zeigt deinen Ehrgeiz.
War das Streckenrekord und wo kann ich eine Videoreportage sehen?
Hochachtung vor deiner Leistung! Da zerlegt ein No-Support-Fahrer das ganze supported Fahrerfeld - das hat schon ironische Züge....
Ich nehme an, Martin und Olaf waren auch recht flott unterwegs...
@Karsten: Warnweste anziehen mit ggf. Anhalten und umpacken, da hast Du schnell mal 1 Minute vertrödelt. Es sind oft die Kleinigkeiten die bei solchen Unterfangen am Ende enorm viel Zeit brauchen. Bei jeder Pause 1 Minute ist auf der Strecke auch eine viertel Stunde. Würde bei einem 200er mit einer Pause keinen interessieren. Eine ordentliche Planung ist in meinen Augen bei sowas extrem wichtig. Hätte ich die Weste übrigens nicht angezogen hätte ich auch keine 3. Flasche mitnehmen können > Pause zum Auffüllen der Flaschen nach 140km wäre unumgänglich gewesen.
@Fahrradiant: Martin hat eine 49:50 hingelegt und Olaf eine 54:22. Langsam ist wohl was anderes.
Vorläufige Zeiten kann man hier einsehen:
http://axel-koenig.com/results/pbp2015/de?page=243
In der aktuellen TOUR (Heft 10) gibt es 8 Seiten zu PBP 2015. Im Wesentlichen werden 10 eher außergewöhnliche Teilnehmer bzw. Gruppen vorgestellt. Ist recht interessant, auch wenn der Björn nicht erwähnt wird.