Alpenbrevet – 30. August 2013
Es ist 6:40 Uhr. Sten, Thomas und ich stehen in der ersten Reihe am Start zum Alpenbrevet in Meiringen. Während sich Sebastian und Carsten etwas weiter hinten positioniert haben und die Gold- bzw. Silberrunde in Angriff nehmen wollen, ist Björn schon seit 6:25 Uhr als Einzelstarter auf der 276 km langen und mit 7000 hm sehr anspruchsvollen Platinstrecke unterwegs. Der Sprecher am Start redete irgendwas, ich weiß nicht mehr was. Als er sagt es sei noch eine Minute bis zum Start, fing mein Herz aber hart an zu schlagen. Der Puls schnellte im Stand von 90 auf 120 und befand sich also schon vor dem Start im Rennmodus. Nach erfolgter Startfreigabe ging es gesittet aus Meiringen heraus und meine einminütige Vorstartaufregung legte sich schlagartig. Immer kontrolliert am Hinterrad des Führenden wurde die erste Welle nach Innerkirchen weggedrückt und im Anstieg zum Grimselpass sortierte sich das Feld hinter dem Führungsfahrzeug. Auch Sten und Thomas waren unter den ersten 10 Fahrern zu finden. Das Tempo war zügig, aber nicht zu schnell. Ich hatte mit schlimmeren gerechnet. Auf ein paar Flachstücken ging die Leistung immer wieder runter, sodass auch ich mich ein paar mal an vorderster Front befand aber nur rollen ließ. Am Rand standen ein paar wenige Fans und feuerten uns an. Jedenfalls verging die erste halbe Rennstunde wie im Flug, bevor Thomas dann mal kurz am Horn zog und das Tempo verschärfte. Die Elbspitze zeigt Flagge! Auch im oberen Teil vom Grimselpass. Denn als der Renncharakter am Stausee schon fast verflogen war, legten Sten und Thomas ein Gang zu, ich setzte mich dahinter. Zur Verwunderung folgte uns keiner. Ich fragte mich was hier los ist. „Wollen die nicht oder können die nicht mithalten?“ Aber wir waren uns einig, dass es wenig Sinn machen würde zu dem Zeitpunkt schon eine entscheidende Selektion herbei zu führen. So etwa 20 Mann gingen schließlich gemeinsam über die Passhöhe am Grimsel. Etwas 8 Grad waren da oben. Schnell die Windjacke angezogen und ab in die erste richtige Abfahrt. Bergab nach Ullrichen und nebenbei einen ersten Schokoriegel gegessen. So gefiel mir das. Mit dem Nufenen sollte nun der steilste Berg anstehen. Hoffentlich ist Björn noch lange nicht in Sichtweite. Der Plan war, dass er mit uns in die lange Abfahrt nach Biasca geht. Doch leider holten wir Björn bereits zur Anstiegshälfte ein. Bis hierher gaben stets Sten, Thomas oder ich das Tempo in der Spitzengruppe an. Als Björn zu uns stoß nahm ich etwas raus. Puls unter 160. Doch Björn konnte leider nicht folgen. Ich fühlte mich zu dem Zeitpunkt richtig gut. Die Führungsgruppe verkleinerte sich ohne großes Zutun immer weiter und langsam wurde klar, das wir hier richtig gute Chancen haben würden. Kurz vor der Passhöhe war dann aber doch Schluss mit Piano. Ich musste mich anstrengen um zu folgen, aber es war doch kein großes Problem. Thomas ließ ein paar Meter reißen und war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu sehen. Da war klar er würde in Airolo zum Gotthard abbiegen, um die Goldrunde zu rocken. Die Abfahrt vom Nufenen gefiel mir nicht. Gut verlegte Betonplatten, aber bei 85 km/h fühlte ich mich da nicht allzu wohl. Zumal ein paar Windböen mich schnell ein Meter nach links oder rechts schubsten. Hinzu kam eine Schrecksekunde: Ich bremste spät und aus hoher Geschwindigkeit heraus ein Serpentine an, Gewicht schön nach hinten verlagert, als vor der Kurve mein Vorderrad kurz blockiert. Intuitiv lenkte ich zum Glück nicht ein. Sondern steuerte das Missgeschick schön auf der Gegenfahrbahn aus. Etwas verunsichert heftete ich mich an Stens Hinterrad. Auf dem Weg nach Biasca wuchs die 5 Mann starke Spitzengruppe auf 8 Leute an, da wir noch ein paar Einzelstarter aufrollten. Mit 50 bis 60 km/h knallten wir teilweise ins Tal. Ich fand das sehr unberechenbar und gefährlich. Man ist den voraus Fahrendem einfach ausgeliefert. So kam es auch nach Airolo zu einer sehr brenzligen Situation, als der Führende eine auf der Straße liegende Metallschiene mit L-Profil viel zu spät anzeigte und nachfolgender Fahrer drüber fuhr und der Schlauchreifen platzte. Ärgerlich, aber es ging dezimiert weiter.
Kommentare
Daten: 277 km, 7000 hm, 27.1 km/h, 10:10 h Fahrzeit und 4 Minuten Standzeit. 147 bpm.
Tolle Leistung von Allen!
Artikelausschnitt Jungfrauzeitung vom 01.09.2013
Zweitschnellster der Kategorie Gold: Der Deutsche Thomas Hoffmeister.
Laut Marschtabelle sollte um 13.15 Uhr der erste Fahrer der Gold-Kategorie im Ziel eintreffen. Als eine halbe Stunde später auf den Ankunftsmonitoren noch immer nur Silber-Fahrer zu sehen waren, kam der Deutsche Thomas Hoffmeister beim Speakerzelt vorbei und sagte, er sei die Gold-Tour gefahren, woraufhin ihn die überraschten Speaker zum Sieger dieser Kategorie erklärten – allerdings kam der Schweizer Philippe Altherr aus Adliswil mit einer noch schnelleren Zeit ins Ziel. Dass nicht ganz klar ist, ob bei den offiziellen Fahrerzeiten die Zeit zwischen Göschenen und Andermatt bereits subtrahiert ist oder nicht, fällt nicht ins Gewicht, da es sowieso keine offiziellen Ranglisten gibt. Wesentlich ist, dass jeder, der das Rennen als «Finisher» beendet, eine grosse Leistung erbracht hat.
"Hut ab" in jedem Fall für die Leistung!
Nach dem letztes Jahr der Alpenbrevet ausgefallen war, habe ich mich dieses Jahr besonders darauf gefreut. Dank der dunklen Wolken am Freitagabend war es am Start mit 15°C relativ und es versprach ein sehr guter Tag zu werden. Nach meiner letzten Teilnahme 2011 mit einer Zeit von fast 10 Stunden auf der Goldrunde hatte ich mir einen Zeit von unter 9 Stunden vorgenommen. Dementsprechend habe ich mich am Start auch etwas weiter hinten angestellt. Den Grimmsel bin ich mit meinem wohlfühl Bergtempo von 1000 hm/h angegangen und konnte dabei schon viele Teilnehmer überholen. Nach kurzen Wasserstop auf dem Pass ging es flott hinab nach Ulrichen. Am Nufenen konnte ich mein Tempo halten und ich feierte damit schon das erste Schlacht des Tages beim überholen unzähliger andere Teilnehmer. Da ich in Airolo meine Hauptverpflegung geplant hatte ließ ich die Verpflegung auf dem Nufenen links liegen und stützte mich in die schnelle Abfahrt von Nufenen. Bei Tempo 80 über die Bettonplatten wahr mir aber auch nicht ganz wohl. Nach kurzer Pause in Airolo ging es auf die Schlange des Zitterns am Gotthard. Irgendwie waren dann hier fast alle anderen Teilnehmer verschwunden. Zum Glück gab es noch ein paar vereinzelte Fahrer die man zum Überholen anvisieren konnte und so ging es weiterhin mit 1000 hm/h bergauf. Die Steigung um Gotthard ist eigentlich immer sehr angenehm aber durch das Kopfsteinpflaster finde ich ihn schwerer zu fahren als den Nufenen der deutlich steiler ist. In Andermatt gab es die nächste Verpflegung. Dort wollte ich eigentlich nicht halten aber da diese schon in der neutralisierten Zone lag hab ich mir eine kurze Pause gegönnt. Wobei ich diese mit einer Zeit von 23 min nach Wassen nicht so ausgedehnt habe wie der Erstplatzierte der Goldrunde. Am Susten gab es dann wie schon beschrieben wieder ein Schlachtfest beim Überholen der Teilnehmer der Silber-Strecke. Dies Motiviert ja ungemein und ich konnte auch hier 1000 hm/h im Schnitt halten wenn nun auch mit deutlich höheren Puls. Seit dem Gotthard war mir klar das ich die 9 Stunden deutlich unterbieten konnte. Daher wollte auf dem Susten keine Zeit verlieren und bin sofort in die Abfahrt. In den Flachstücken sammelte ich ein paar Teilnehmer der Silberrunde ein und konnte mich daher immer mal kurz im Windschatten ausruhen. In Vorfreude über die gute Zeit ging noch mal sehr flott über die letzen Höhenmeter. Nach 7:42:12 (Netto: 7:18:26) war ich wieder in Meiringen. Als ich nach ein paar Tagen in den Ergebnisslisten geschaut habe, war ich sehr erstaunt das ich damit auf den 19 Platz gelandet bin...ich werde wieder kommen.